Das Bildungssystem von heute auf dem Weg zur Veränderung

Erst vor kurzem ist der Begriff der Bildung eingeführt worden; Moses Mendelssohn stellt ihn als einer der ersten in ein theoretisch bestimmtes Verhältnis zum Begriff „Aufklärung“. Unter „Bildung“ verstehen wir „Gelehrtheit“.

Mehr und mehr steigt die Anzahl der Menschen, die eine besondere Ausbildung genossen haben. Weiterbilden kann man sich durch traditionelle Bildungswege, aber auch durch ein intensives Selbststudium. Gelehrte gehören zum „gebildeten Stand“. Dieser „gebildete Stand“ prägt unsere aufgeklärten Gesellschaften sowie das literarische Publikum entscheidend. Zwischen diesen Gruppierungen ist es für all diejenigen, die über Interesse und Wissen verfügen, möglich, einen öffentlichen Gedankenaustausch zu erlangen.

Zurzeit ist die Zahl der Unterrichteten gering, sie gehören zum „gelehrten Stand“ und sind in der Gesellschaft privilegiert. Der Zugang zu diesem Stand ist nur über eine akademische Ausbildung möglich, die man lediglich an Universitäten absolvieren kann.

In den letzten Jahrzehnten seit 1750 ging die Bedeutung der Universalgelehrsamkeit zurück und wurde von der fachlichen Spezialisierung abgelöst. Um den Söhnen der Bürger eine sichere Zukunftsperspektive zu geben, müssen sie eine fachliche Ausbildung absolvieren. Sogar im Adel wächst die Tendenz zur Weiterbildung.  „Aufklärung führt das Prinzip der Vervollkommnung und Weiterbildung ein.“1

Gesetzlich ist die Schulpflicht nur in einigen Territorien des Heiligen Römischen Reichs verbreitet, z. B. in Preußen seit 1717, in Sachsen seit dem frühen 18. Jahrhundert2.

Zwischen den verschiedenen Grundschulen gibt es Differenzen hinsichtlich des Einkommens der Schulmeister, aber auch im Bildungsstand und bei den Schulkosten. So beziehen die Lehrer der Schule zu St. Katharinen und der Domschule in Lübeck nur ein kleines Gehalt. Ihre Haupteinnahmequelle ist das "Leichensingen", d. h. der Chorgesang ihrer Schüler bei Beerdigungen. Jedoch haben sie erhebliche steuerliche Privilegien. Sie können mit relativ geregeltem Einkommen rechnen und erfreuen sich eines bescheidenen Wohlstandes.

Anders bei den übrigen Schulen, den "Teutschen Schulen". Sie sind mit Ausnahme der wenigen Kirchspielschulen Privatschulen. Die Schulhalter sind freie Unternehmer wie die Handwerker auch. Sie bekommen keine Zuschüsse und müssen den Unterricht im eigenen Hause oder in der eigenen Wohnung halten3.

Die niederen Schichten und vor allem die Landbevölkerung können sich den Grundschulunterricht nicht leisten, weil sie das Schulgeld nicht bezahlen können und außerdem die Kinder zur Arbeit auf dem Felde benötigt werden4.

Oftmals sind die Schulen in den Häusern der Schulmeister untergebracht, in den Schreib- und Rechenschulen sind die Anfänge des Lesens und Schreibens vorausgesetzt. Schreiben umfasst auch Schönschrift und Übung im Verfassen privater und kaufmännischer Briefe. Das Rechnen ist kaufmännisches Rechnen und schließt in zunehmendem Maße auch die Buchhaltung ein. Für die Schülerzahl gibt es nur wenig Anhaltspunkte. Sie liegt meist unter 40 Schülern pro Schule5.  

Die Schülerzahlen sind durch die hohe Zahl der „Wanderlehrer“ ( fahrende Gesellen, die durch Unterbietung des festgelegten Schulgeldes eine Einnahme zu verschaffen suchen)6 und  „Winkelschulen“ ( nicht zugelassene Schulen, mit niedrigem Lehrstandard)7 rückläufig.

Die Schulen unterliegen einer gewissen Zunftordnung, so dass Konkurrenzkampf verhindert wird. Die Schulzeit und der Preis wird durch die Zunft festgelegt.

Die Schulzeit z.B. in Lübeck  dauert von 7.00 – 10.00 Uhr und von 13.00 – 16.00 Uhr. Die Gebühren werden vierteljährlich berechnet und liegen bei8:

Lesen

1 Mark(Mark)

= 16 ß (Schilling)

Schreiben

Mark(Mark)

= 24 ß (Schilling)

Rechnen

3 Mark(Mark)

= 48 ß (Schilling).

Das Schulsystem und die Lehrmethoden sind von Schule zu Schule unterschiedlich und nicht überschaubar. Häufig wird in lateinischer Sprache unterrichtet.   

 

Ansicht eines 1715 errichteten Gymnasiums

Deshalb werden und wurden allgemeine Reformen von Gelehrten, wie Johann Amos Comenius (1592-1670; ein Theologe und Pädagoge) bedacht. 

 

 

Johann Amos Comenius (1592-1670)

 

Er forderte einen systematischen Unterricht in der Aufeinanderfolge von häuslicher Erziehung, Volksschule, Lateinschule, Universität. Die Kinder durften seine Schulen unabhängig von Geschlecht und Herkunft besuchen. Die Unterrichtssprache war statt Latein die Muttersprache. Die Lehrer forderte er auf, den Unterricht sorgfältig zu planen und die Schüler durch Anschauungsunterricht zu motivieren9.

 

Werbeschrift für Unterricht in deutscher Sprache

Der Text lautet: Wer jemandt hie der gern welt lernen dütsch schriben und laesen uf dem aller kuertzisten grundt den jeman erdencken kan do durch ein jeder der vor nit buchstaben kan der mag kurtzlich und bald begriffen ein grundt do durch er mag von im selbs lernen sin schuld uff schribe und laesen und wer es nit gelernen kan so ungeschickt were will ich um nit und vergeben gelert haben und gantz nüt von im zu lon nemmen es sig wer er well burger oder hantwercks gesellen frouwen und junckfrouwen wer sin bedarff der kumm harin der wirt drinnlich gelert um ein zimlichen lon   Aber die junge knabe und meitlin noch den fronvasten wie gewonheit ist - 1516  

 

Höchst aktuell sind die Theorien von Johann Bernhard Basedow (geboren 1724, Pädagoge). Diese haben zum Ziel, aus den Kindern gesellschaftsbewusste Menschen zu machen. Durch seine Theorien will Basedow die natürlichen Kräfte des Kindes, besonders die Ausbildung seiner Vernunft, aber auch praktische Fertigkeiten und Kenntnisse fördern. Basedows Theorien beziehen sich auf die Ideen  von Comenius10.

 

Der Pädagoge Johann Bernhard Basedow

 

 

 

 

 

 

Yasin Ertas und Astrid Büngeler

Anmerkungen der Herausgeber desNachdrucks:

1 Baasner/Reichard, Epochen der deutschen Literatur. Aufklärung und Sturm und Drang, Stuttgart 2000 (CD-Rom)

2 www.andreas-gym.de/agym165/traum/schule2.html

3 www.informatik.uni-hamburg.de/bib/ausstellung/Tafel108.html

4 Baasner/Reichard, Epochen der deutschen Literatur. Aufklärung und Sturm und Drang, Stuttgart 2000 (CD-Rom)

5 www.informatik.uni-hamburg.de/bib/ausstellung/Tafel108.html

6 www.bg.fr.bw.schule.de/histpicc.html

7 www.informatik.uni-hamburg.de/bib/ausstellung/Tafel108.html

8 www.informatik.uni-hamburg.de/bib/ausstellung/Tafel108.html

9 http://brg-perau.edu.eu.org/archiv/comenius.htm

10 www.mdr.de/geschichte/archiv/schuhkarton/basedow2.htm